Der Marathon-Mann
Uwe Hardter stand als Rennrad-Profi im Starterfeld mit Legenden wie Jan Ullrich und Lance Armstrong. Heute ist der 45-jährige Münsinger Apotheker und Familienvater. Als ambitionierter Amateur ist er inzwischen aufs Mountainbike umgestiegen und hat sich auf Marathon-Distanzen spezialisiert. Für die GEA-Radserie »Fest im Sattel« erzählt er seine Geschichte und stellt seine Lieblingstour vor: die Alb-Gold-Trophy zwischen Münsingen und Trochtelfingen.
5.025 Höhenmeter auf einer Strecke von 125 Kilometern. Dass Uwe Hardter noch den Grand Raid in der Schweiz, eines der härtesten Mountainbike-Rennen, in den Beinen hat, ist ihm nicht anzumerken. Am Wochenende sportliche Höchstleistungen bringen und am Montagmorgen als Chef hellwach und freundlich in der Münsinger Schlossapotheke für Mitarbeiterinnen und Kunden da sein: Das ist ein Spagat, den der 45-Jährige inzwischen gewohnt ist – und das, was sein früheres Leben als Profi wesentlich von dem unterscheidet, das er jetzt als Amateur, Apotheker und Familienvater führt.
Der Verein richtet zu dieser Zeit schon ein Bundesliga-Rennen aus, das in der Szene schnell zum »Frühjahrsklassiker« avanciert. Trainer Hans Klug schickt den 17-Jährigen im Cross Country an den Start – es ist der Beginn einer Radsportkarriere. In der nächsten Saison löst er seine erste Junioren-Rennlizenz, der Landestrainer des Württembergischen Radsportverbands wird auf ihn aufmerksam und fördert ihn: »Im Trikot des Landeskaders zu fahren, war sein großer Motivationsschub und ein Einstieg, das Ganze noch ambitionierter zu betrieben«, erinnert sich Hardter.
Inzwischen aufs Rennrad gewechselt, wird er Mitglied des U23-Nationalkaders und startet bei Europa- und Weltmeisterschaften. »Da habe ich die Rennhärte bekommen, die man braucht, um Profi zu werden.« Genau das gelingt ihm wenig später: Hans Holczer holt ihn ins Team Gerolsteiner. An die fünf Jahre als Profi denkt Hardter gerne zurück: Als Helfer seiner Team-Kollegen Davide Rebellin und Georg Totschnig fährt er Seite an Seite mit Weltstars, die bis heute unvergessen sind – nicht nur, aber auch wegen der großen Doping-Skandale jener Zeit. Er lernt Jan Ullrich kennen und schätzen: »Er war ein Jahrhunderttalent, das sieht man schon, wenn man ihn einfach nur auf dem Rad sitzen sieht. Körperlich gibt es keinen Zweiten wie ihn.« Dem zweiten Top-Star jener Zeit, Lance Armstrong, begegnet er aus respektvoller Distanz: »Er hat auf mich immer unnahbar gewirkt.« Paris-Roubaix, Flandern- und Lombardei-Rundfahrt, Giro d’Italia, Tour de Suisse: In seiner Profi-Zeit absolviert Hardter etliche Klassiker – dass der größte von allen, die Tour de France, letztlich nicht auf seiner Liste steht, kann er verschmerzen. »Ich bin stolz darauf, dass ich bei so vielen Rundfahrten dabei sein und erleben durfte, welche Belastungen damit verbunden sind und wie man sie aushält. Diese Chance bekommt nicht jeder.«
Durchhaltevermögen und Willenskraft beweist Hardter nicht nur auf dem Rad. Anders als viele andere Top-Talente setzt er nicht alles auf eine Karte. Sein Pharmazie-Studium in Freiburg durchzuziehen, hat von Anfang an Priorität: »Im Sommer habe ich mich voll aufs Rad konzentriert und das Semester ausgesetzt, im Winter habe ich studiert.« Nach einem typischen Radsportler-Leben – »Essen, Radfahren, Hotel, die Wäsche vor die Tür stellen und sich um nichts kümmern müssen« – in ein tiefes Loch zu fallen, wie es etwa Jan Ullrich passiert ist, erspart sich Hardter so.
Nach fünf Jahren steigt er aus dem großen Renn-Zirkus aus, kehrt zu seinen Wurzeln und zum Mountainbike zurück. Technische Passagen und riskante Abfahrten sind nicht sein Ding. Deshalb entscheidet er sich gegen die Cross-Country-Disziplin und für den Marathon, wo er seine Stärken als Ex-Straßen-Profi voll ausspielen kann: »Kraft und Ausdauer.« Für die extremen Marathon-Distanzen und Höhendifferenzen muss man leiden, über die eigenen Grenzen gehen können. Uwe Hardter kann. »Ich habe Spaß daran, mich im Training auch mal zu quälen und harte Intervalle zu trainieren.« Morgens um sechs Uhr raus aufs Rad und danach in die Apotheke: Das erfordert Disziplin. Genauso gerne ist er aber auch mal ganz entspannt mit seiner Familie unterwegs: Die drei Töchter haben ebenfalls Gefallen am Radsport gefunden.
Seit zwölf Jahren fährt er als ambitionierter Amateur immer noch vorne mit. Rund 16 Rennstarts – größtenteils auf dem MTB, bisweilen aber auch auf der Straße – wird er am Ende dieser Saison verzeichnen können. »Wichtig ist, dass man mit der eigenen Leistung zufrieden ist«, sagt Hardter. Für sich selbst hängt er die Messlatte hoch: Ins Ziel kommen reicht ihm nicht, »ich will den persönlichen Erfolg und gute Ergebnisse«.
2021 wird er deutscher Meister in der Masters Klasse der über 40-Jährigen im Marathon – endlich: »Das war mein Ziel«, freut sich Hardter, der zuvor bereits drei zweite Plätze verbuchen konnte. Ganz ähnlich ist es ihm bisher mit der Alb-Gold-Trophy ergangen: Beim Mountainbike-Klassiker vor der eigenen Haustür dabei zu sein ist Ehrensache, Zweiter geworden ist Hardter mehrfach: »ich würde gerne mal gewinnen«, sagt der Lokalmatador, der dieses Jahr erneut an den Start geht. »Das ist ein wahnsinnig schnelles Rennen, komplett anders als in den Alpen. Man fährt viel auf Schotterwegen und kann einen 34er-Schnitt rausholen. Es ist aber auch ein wahnsinnig schönes Rennen – auch in Verbindung mit der Jahreszeit.« Die Alb-Gold-Trophy ist für viele Radsportler der Saisonabschluss. Auch Uwe Hardter wird dann erstmal eine kleine Pause einlegen – in der Hoffnung, dass es bald schneit. Denn sein Wintertraining absolviert er am liebsten auf Langlaufskiern. (GEA)
Die 26. Auflage der Alb-Gold-Trophy wird am 2. Oktober ausgetragen. Start und Ziel ist an der Werdenberghalle in Trochtelfingen. Es stehen voraussichtlich drei Strecken zur Wahl. Auf der Langdistanz sind 88 Kilometer und 1.580 Höhenmeter zu bewältigen. Die Kurzdistanz hat 48 Kilometer und 810 Höhenmeter. Für Mountainbiker, die gerne erste Rennerfahrungen sammeln und sich selbst ein Ziel setzen wollen, empfiehlt Uwe Hardter: Einfach mal beim Mini-Marathon (30 Kilometer, 475 Höhenmeter) anmelden und dabei sein. Die Strecken sind schnell und konditionell anspruchsvoll, aber ohne technische Probleme zu befahren. Sie verlaufen zu 85 Prozent auf Wald- und Schotterwegen, zu 15 Prozent auf geteerten und sonstigen Wegen. Streckenpläne und Anmeldung im Internet. (ma)
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