
Was die Befürworter über die Zwei-Meter-Regel denken
In Baden-Württemberg gilt seit 1995 die Zwei-Meter-Regel. Grundlage war die Annahme, dass Radfahren auf Wegen mit weniger als zwei Metern zur Gefährdung von Wanderern oder zur Erosion der Wege führe.
»Die Zwei-Meter-Regelung muss bleiben«, sagte der größte Wanderverein Europas – der Schwäbische Albverein – noch vor neun Jahren klipp und klar. »Vor allem ältere Menschen und Kinder werden durch Mountainbiker verunsichert und leicht in Gefahr gebracht«, so Präsident Dr. Hans-Ulrich Rauchfuß. Dass es rücksichtsvolle Radfahrer gebe,werde keineswegs bestritten, »aber die Erfahrung zeigt leider, dass es der Mehrzahl von Mountainbikern vor allem auf Tempo ankommt«. Rauchfuß abschließend: »Die bisherige Regelung hat sich über Jahre bewährt, es gibt keinen Grund, daran zu rütteln.«
Gegenseitige Rücksicht ist essentiell
Die Zeiten ändern sich. Eine radikale Position, wie sie der Albvereins-Präsident 2013 vertrat – und die heute noch auf der SAV-Homepage steht – lässt sich heute nicht mehr halten. Zu viele Wanderer haben den Reiz von Stollenreifen auf schmalen Trails entdeckt. Das Thema werde bei den Mitgliedern durchaus unterschiedlich wahrgenommen, sagt Pressereferentin Ute Dilg jetzt auf GEA-Nachfrage. »Grundsätzlich ist die Zwei-Meter-Regel und ihre Umsetzung eine Sache der Politik. Sich allein darauf zurückzuziehen, wird aber der Situation vor Ort nicht gerecht, generell ist es das Ziel des Schwäbischen Albvereins, dass sich alle Menschen, auch ältere Personen und Familien mit Kindern, sicher auf den Wanderwegen im Land unterwegs sein können.« Sie weist auf Hotspots am Albtrauf hin, wo es »oft nicht nur eng wird, sondern auch gefährlich«.
»Gegenseitige Rücksicht ist essentiell«, betont Ute Dilg und verweist auf Positiv-Beispiele wie etwa im Rems-Murr-Kreis, »wo unter Beteiligung verschiedener Akteure, auch des SAV, bereits gute Lösungen gefunden wurden. Uns geht es also vor allem darum, lokal angepasste Lösungen zu finden und so ein gutes Miteinander auf den Wegen herzustellen.«
Für die Forstkammer Baden-Württemberg, in der die privaten Waldbesitzer organisiert sind, verweist Geschäftsführer Jerg Hilt auf 87.000 Kilometer Waldwege, auf denen Radfahren erlaubt ist. »Nur wenn das Radfahren auf ausreichend breitenWegen stattfindet, können Unfälle und Konflikte mit der Waldbewirtschaftung, der Jagd und dem Schutz von Tieren und Pflanzen vermieden werden.« Hilt hebt lokale Ausnahmen bei Singletrails hervor, die vom Waldgesetz gedeckt sind. Unterm Strich gibt sich der Geschäftsführer der Forstkammer als Anhänger der Zwei-Meter-Regel: »Wir sind der Meinung, dass sich die
gesetzlichen Regeln für das Radfahren im Wald in Baden-Württemberg insgesamt bewährt haben.« Der Landesjagdverband sagt auf GEA-Anfrage nichts zur Zwei-Meter-Regel, appelliert aber an die »Richtigkeit
und Wichtigkeit eines Wegegebots im Hinblick auf Hitzestress und Waldbrandgefahr«.
Wir halten uns an das, was vom Land vorgegeben ist.
Werner Gamerdinger, der Leiter des Forstbezirks Mittlere Alb des Staatsforsts (Forst-BW), betont erst einmal, dass Baden-Württemberg ein relativ liberales Betretungsrecht im Wald hat. Und »dass wir hier in einer klassischen Wanderregion leben, die auch als solche beworben wird«. Auch für den Staats-Förster gilt das Landeswaldgesetz. »Sie können nicht erwarten, dass ein Förster Toleranz übt, wenn’s um die Zwei-Meter-Regel geht.« Wenn er als privat als begeisterter Wanderer im Wald unterwegs ist, hängt er nicht den Forstdirektor raus, auch wenn er schon üble Erfahrungen mit aggressiven Bikern gemacht hat: »Ich gehe gelassen mit so was um.« Werner Gamerdinger weiß von den legalen, ausgewiesenen Trails im Naturpark Schönbuch, die mit der Zustimmung der Forstbehörde entstanden sind. Für seinen Bereich, den Forstbezirk Mittlere Alb, seien bisher keine Anträge zur Legalisierung von Trails gestellt worden.
»Wir halten uns an das, was vom Land vorgegeben ist«, sagt Katja Walter, die Pressesprecherin des Landratsamts Reutlingen, fürs Kreisforstamt. Im Umkehrschluss: »Wir können kein allgemeines Statement zu einer Regel geben, die nicht von uns kommt.« Das Kreisforstamt definiert sie als Vermittler: »Wenn es ein Projekt oder eine Anfrage gibt, die die Zwei-Meter-Regel tangiert, versuchen wir, die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bringen.« (and)

Noch Fragen?
Haben Sie noch Fragen zur Zwei-Meter-Regel in Baden-Württemberg, dann melden Sie sich. Der Experte des Reutlinger Generalanzeigers hilft Ihnen gerne weiter.

Andres Fink
Lokalredakteur Metzingen I Reutlinger General-Anzeiger
Reutlinger General-Anzeiger Verlags-GmbH & Co. KG
Christophstraße 6
72555 Metzingen